Vom Seehafen zum touristischen Kur- und Badeort
Grado und ihre viele Inseln in der Lagune war in der Antike ein Seehafen für das Zentrum in Aquileia auf dem Festland und auch ein Fischerort. Die meisten Fischerhütten (Casoni) sind nur noch ein “Wochenendhäuschen”, die restlichen sind tatsächlich noch für das Fischen gedacht. Nicht nur für die Gastronomie des Tourismus. Vielleicht liegt es auch hier wieder an der Vorsaison, aber man hat das Gefühl es ist eine ausgewogene ruhige Balance zwischen Strandparadies und Einheimischen Fischerleuten, die in den Gassen zum Mittag ein Gläschen Wein genießen und Grissinistängel knabbern.
Die Post kommt auf dem Roller vorbei und die Polizistin war gemütlich auf Ihrem Fahrrad unterwegs. Alles so entspannt, warm und wir keine Ahnung was es sonst noch so zu sehen gibt. Ich bin noch nie so derartig unvorbereitet auf eine Reise gestartet. Durch Zufälle habe ich schon tolle Dinge entdeckt, allerdings wusste ich zuvor wenigstens etwas über die Gegend bescheid. Nach der ersten Pizza auf italienischem Boden und Christians Spaghetti Carbonara (mit Nachwirkungen) sind wir einfach mal losgelaufen.
Gleich um die Ecke, auf der Piazza della Corte – heute umbenannt – die Ausgrabungen der Basilika. Auf Ende des 4. Jahrhunderts datiert und hin und wieder auf- und drangebaut. Wie es so ist mit den alten Kirchen und Bauten. Erhalten sind noch einige Mosaiken – und man denkt sich wieder, wer war wohl damals derjenigen, der sich die Mühe – und hoffentlich auch ausreichend Lohn – damit gemacht hat, so ein schönes Muster oder sogar Bild aus tausenden kleinen Steinchen zu setzen. Vor allem gerade und immer noch fest im Boden. Immer wieder aufs Neue frage ich mich, wie man von diesen – schon besten der besten – Materialien im Laufe der Menschheit etwas “besseres und schnelleres” entwickelt hat, was im Nachhinein dann doch nicht so besser war – aber weiterhin stur benutzt wird. Kurzfristig denke ich sogar schon wieder an den Reiskleister der die Chinesische Mauer immer noch zusammenhält… Wow!
Ich schweife wieder ab.
Wie es zum kaiserlichen Kurort kam
Nach dem Zerfall des Römischen Reichs und Angriff der Hunnen wurde es, wie so oft in dieser Zeit, Bischofs”eigentum”. In diesem Patriachart blieb es wohl einige, sehr lange einige Jahre, unter anderem auch mit vielen Seeräuberangriffen. In dieser Zeit gibt es auch keine Anzeichen mehr von Ansiedlung. Venedig war auch damals schon DIE Lagunenstadt, die angesteuert werden wollte – unter diesen Umständen – sogar musste. Alles an Handelswaren sollte zuerst dort auf dem Markt verkauft werden. Dafür hatte also der Obrige in Grado zu sorgen.
Ganz unwissenschaftlich, typisch ich gedanklich mal wieder runtergebrochen… Wer mit Macht etwas zu beaufsichtigen hat, könnte gierig werden und sich das beste vorab abgreifen. Man könnte sich also vorstellen, dass der “Gutste Erzbischof” täglich sein Auge auf die Schiffe geworfen hat und “einkaufte”.
Wenn also in diesem Zeitraum keine Ansiedlungen zu erkennen sind und stetig Piraten in Grado auftauchten… dann glaube ich, die wollten sich da nicht nur im schönen, hellen Sandstrand sonnen. Hey Ho!
Auch hier um diese Zeit noch Leere. Die Hotels an der Promenade entlang reparieren und bereiten sich auf die Hauptsaison vor. Hier entlang ist auch irgendwo das Tor von Kaisers Franz Joseph I. Es wurde extra für Ihn angefertigt und dient Heute nur noch als Zierde.
Die Habsburger also haben den Ort Grado im Jahre 1892 als Kur- und Badeort deklariert. Bevor es soweit war schloss, etwa 100 Jahre zuvor, der damalige Vertreter Frankreichs – Napoleon – den Friedensvertrag von Campo Formino mit dem römisch-deutschen Kaiser Franz den II. Zwischen dem ersten Koalitionskriegsende und den Herrschaften und Ihren Ländereien und dem Kurort, wurde vorher schon dort gebadet. Die ersten “Umziekabinen” (camerini) gab es schon und die Kinder der ärmeren durften dort gerne verweilen.
Die älteren Hotels, die schönen Villen an der Promenade entlang lassen deutlich “Wiener Chic” erkennen. Auch lange nach der Kaiserzeit sind hier weiterhin alle willkommen. Jung und alt, Kinder und auch Hundestrände sind vorhanden. Sogar ein kleiner Park mit Wiese und Meerblick extra für Hunde und ihr “Geschäft”. Peeing with a view – wie man sagt.
Die Brücke bei Tageslicht
An unserem Stellplatz kam eine Vespa in Tricolore Italia angefahren und hielt an. Der unterhaltsame Fremde kam aus Deutschland und hat sein Zweirad immer auf dem Hänger mit dabei. Unglaublich quirlig und lustig der Lebemensch. Geschäftlich in ganz Europa unterwegs und genießt so langsam auch mal “nur” die schönen Seiten des Lebens. Wir haben sehr gerne einige Tipps angenommen für unsere Reise und sind uns sicher, dass wir diesen Fremden noch einmal treffen werden. Irgendwo, auf irgendeinem Markt in Europa 😉
Ein guter Tipp war ein kleiner Laden in Grado, der Prepaid SIM-Karten verkauft. Yay! Gar nicht so einfach fand ich bisher, an eine nicht vertragliche Karte zu kommen. Oder einfach nur blind gewesen. Du junge Mitarbeiterin in dem Telefonladen war superkompetent und es hat alles geklappt. Endlich mal wieder eigenständig Online! Was ich aber erwähnen muss, dass Wifi über Restaurants, Camping- oder auch öffentlichen Plätzen funktioniert hervorragend. Wie erwartet – Netz außerhalb Deutschlands ist halt einfach unkompliziert, schnell und GÜNSTIG.
Bei der Abfahrt von Grado konnten wir dann auch mal das Ausmaß der Brücke zum Festland erkennen. Im Stockdunkeln spekuliert man ja eher immer ob das nebenan jetzt immer noch Wasser ist oder ob es einem nur so vor kommt.
Unser nächster Halt war die immer noch aktive Ausgrabungsstätte – die gesamte Stadt – Aquileia.